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Steuercheck für Fotovoltaikanlagen: Interview der BW agrar

LGG am 24.02.2023
 Photovoltaikanlage auf Dach

Um die Energiewende anzukurbeln, hat der Gesetzgeber zum Jahreswechsel überraschend günstige Bedingungen für kleine und mittlere Fotovoltaikanlagen geschaffen. Was das für die Landwirtschaft bedeutet, erläutert Berndt Eckert, Mitgeschäftsführer der LGG Steuerberatungsgesellschaft mbH. Interview von Matthias Borlinghaus


BWagrar: Was hat der Gesetzgeber beschlossen?

Eckert: Wie der Bundestag im Jahressteuergesetz beschlossen hat, werden die Einnahmen aus dem Betrieb von Fotovoltaikanlagen bis zu einer Bruttoleistung von 30 kWp laut Eintrag im Marktstammdatenregister rückwirkend bereits ab 1. Januar 2022 von der Einkommens- und Gewerbesteuer befreit. Bei der Umsatzsteuer wurde ab 2023 ein Steuersatz von null Prozent eingeführt. So ist die Anschaffung einer neuen Anlage ohne Mehrwertsteuer möglich.


BWagrar: Welche Anlagen sind betroffen?

Eckert: Begünstigt sind Anlagen auf Einfamilienhäusern einschließlich der Dächer von Garagen und Carports oder nicht zu Wohnzwecken dienenden Gebäuden, wie zum Beispiel landwirtschaftliche Betriebsgebäude, von bis zu 30 kWp. Die Steuerbefreiung gilt auch für PV-Anlagen, die auf Mehrfamilienhäusern oder gemischt genutzten Immobilien installiert sind, bis zu einer Bruttoleistung von 15 kWp je Wohn- und Geschäftseinheit. Damit sollen Vermieter und Eigentümergemeinschaften vermehrt zur Investition in PV-Anlagen angeregt werden.


BWagrar: Gilt die Steuerfreiheit auch für Anlagen auf Dächern von Maschinen- und Geräteschuppen oder auf Stallgebäuden?

Eckert: Die Sensation ist, dass auch Bestandsanlagen bis zur 30 kWp-Grenze ab 2022 von der Einkommen- und Gewerbesteuer befreit sind. Wichtig ist, dass es sich um eine Dachanlage handelt, auf welchem Gebäude sie sich in der Landwirtschaft befindet, spielt dabei keine Rolle. Nicht begünstigt sind PV-Anlagen auf Freiflächen.


BWagrar: Können Sie ein Beispiel nennen?

Eckert: Bei einem Mietshaus mit vier Wohnungen gilt die 15 kWp-Grenze für jede Wohneinheit gesondert. Damit können vier Mal 15 kWp = 60 kWp installierte Leistung steuerfrei betrieben werden. Die gleiche Berechnung ergibt sich, wenn auf einem gemischt genutzten Gebäude mit zwei Läden und zwei Wohnungen bis zu 60 kWp (4 × 15 kWp) betrieben werden. Die Steuerbefreiung gilt nun unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms. Die Einnahmen aus dem Betrieb der PV-Anlagen sind auch dann steuerbefreit, wenn der erzeugte Strom vollständig in das öffentliche Netz eingespeist wird, zum Aufladen eines privaten oder betrieblich genutzten E-Autos verbraucht wird oder direkt an die Mieter verkauft wird.


BWagrar: Was ist im Gesetz noch vorgesehen?

Eckert: Die Ertragssteuerbefreiung gilt für den Betrieb von mehreren Anlagen bis maximal 100 kWp. Dabei kann die 100 kWpGrenze je Steuerpflichtigem, ob nun eine natürliche Person oder eine Kapitalgesellschaft oder pro Mitunternehmerschaft, beispielsweise in einer GbR oder einer KG, genutzt werden. Anlagen im Alleineigentum von Ehegatten oder Kindern werden nicht zusammengerechnet. Eine Landwirtsfamilie zum Beispiel mit drei Anlagen kann von der Regelung folgendermaßen profitieren: Für die beiden Ehegatten wären Anlagen bis insgesamt 100 kWp je Ehegatte steuerfrei plus zusätzlich noch 100 kWp für eine EhegattenGbR. Anderes Beispiel: Wenn eine Person alleine vier Anlagen auf Lagerhallen mit je 29 kWp betreibt, wäre die 100 kWp-Grenze mit insgesamt 116 kWp rechnerisch überschritten. Noch unklar ist, wie Anlagenbetreiber besteuert werden, deren PV-Anlagen die maximale Obergrenze von 100 kWp überschritten haben.


BWagrar: Was bedeutet „steuerfrei“?

Eckert: Die Neuregelung sieht kein Wahlrecht vor, so dass auch alle Bestandsanlagen innerhalb der Leistungsgrenzen ertragssteuerfrei gestellt werden. Begründet wird dies damit, dass angesichts hoher Anlagenpreise und geringerer Einspeisevergütungen oftmals kein Totalgewinn erzielt wird. Mit der Steuerfreistellung der Stromerlöse können allerdings auch die damit verbundenen Betriebsausgaben, wie die Absetzung für Abnutzung (AfA), die Reparaturkosten oder Zinsen, ab 1. Januar 2022 nicht mehr abgesetzt werden.


BWagrar: Lässt sich das in der Steuererklärung 2022 noch irgendwie berücksichtigen?

Eckert: Sind der Jahresabschluss und die Steuererklärungen der PV-Anlage für ZeiträuXme vor dem 1. Januar 2022 noch nicht beim Finanzamt eingereicht, wäre zu prüfen, ob bestehendes Abschreibungspotenzial über Sonderabschreibung noch genutzt werden kann. Lassen Sie mich ein Beispiel geben: Frau Schmidt hat im Jahr 2021 eine neue Fotovoltaikanlage mit 25 kWp auf eine Lagerhalle installiert, weitere Anlagen betreibt sie nicht. Die Erträge aus der Anlage werden ab dem Jahr 2022 steuerfrei. Schmidt sollte nun prüfen, ob für die Anlage im Jahr 2020 noch ein Investitionsabzugsbetrag von bis zu 50 Prozent der Investitionskosten abgezogen werden kann. Im Jahr 2021 sollte dann die höchstmögliche Sonderabschreibung geltend gemacht werden. Die vorweggenommenen Abschreibungen fehlen zwar ab dem Jahr 2022, doch das wirkt sich aufgrund der Steuerfreiheit nicht mehr aus.


BWagrar: Was muss man ab 2022 gegenüber dem Finanzamt beachten?

Eckert: Werden in einem Betrieb nur steuerfreie Einnahmen von begünstigten PV-Anlagen erzielt, braucht man künftig keine Gewinnermittlung beim Finanzamt abgeben. Und wenn bei der Umsatzsteuer die Kleinunternehmer-Regelung angewendet werden kann, spart sich der Betreiber der PV-Anlage auch noch die Buchführung.


BWagrar: Apropos Umsatzsteuer: Wie können Landwirte am besten reagieren?

Eckert: Die Betreiber kleiner Anlagen sind oft umsatzsteuerliche Kleinunternehmer, da ihr Jahresumsatz unter 22.000 Euro im Jahr beträgt. Sie müssen ihre Umsatzsteuer nicht mit dem Finanzamt abrechnen. Doch viele verzichten freiwillig auf diese Erleichterung, um die Umsatzsteuer auf die Investitionskosten der Anlage erstattet zu bekommen. Künftig ist das nun nicht mehr nötig, denn der Umsatzsteuersatz auf die Kosten aus Kauf und Installation von Fotovoltaikanlagen bis 30 kWp entfällt. Beispiel: Herr Krause betreibt als Einzelunternehmer einen Handwerksbetrieb. Er lässt eine Fotovoltaikanlage mit 28 kWp auf dem Dach seines Betriebsgebäudes errichten. Aufgrund der Umsätze im Handwerksbetrieb ist Krause, wie auch die meisten Landwirte, ohnehin kein Kleinunternehmer. Entstehen die Kosten für die Anlage noch in 2022, werden ihm 19 Prozent Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, die er als Vorsteuer erstattet bekommen kann. Entstehen ihm die Kosten für Anlage erst im Jahr 2023, wird bis zu einer Anlagengröße bis 30 kWp keine Umsatzsteuer fällig. Für Landwirte empfiehlt es sich, die begünstigen PV-Anlagen in einer GbR als Kleinunternehmer zu führen, um so von den Vereinfachungen zu profitieren.


Weitere interessante Beiträge finden Sie auf der Webseite der BW Agrar

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